CRM – Menschen machen Märkte

Einige persönliche Gedanken zur Konsumententreibjagd und Entwicklungen im Markt in sparsamen Zeiten vom Fachbeiratsmitglied Ralf Korb.

Von Menschen, die im Grunde nur gemocht und geachtet werden wollen
Während ich aus meinem Bürofenster in Bad Nauheim auf den Jugendstil geprägten Sprudelhof schaue, fangen meine Gedanken an zu kreisen. Es ist kurz nach 12, die Schulkinder mit ihren Rädern rasen durch die Kuranlage und gehen einem ihrer liebsten Hobbys, dem „Rentner jagen“ nach. Schon einige Male habe ich älteren Damen über den Zebrastreifen helfen müssen, Nichts, was ich nicht gerne täte, denn auch ich möchte einmal alt werden und wünschte mir dann sicher auch etwas Hilfe und Unterstützung und Respekt von anderen, die mich als Mensch einfach achten und anerkennen. So wie ich bin.

Gleiches gilt auch für mich als Kunden. Genauso möchte ich auch als Kunde behandelt werden.

Alle auf der Jagd nach neuen Kunden
Ich komme mir zur Zeit vor, wie in der Jagdsaison – die Anbieter von Konsumgütern als Jäger, ich als das leicht zu erlegende Kaninchen. Die Waffen zahlreich, laut und schrill: Online Popup Werbung (dank sei dem Erfinder des Werbeblockers Pop up Filter), Postwurfsendungen (wie schön, dass mir jetzt auch die gelbe Post als Autor und Verleger den Briefkasten voll müllt mit in Kunststofffolie verschweißtem Mist, der sich Verbraucherzeitung nennt), mehr oder weniger intelligenter Direktwerbung von Lottospielgemeinschaften und Lotterien (wo ich eh nie was gewinne und so oder so nie bei denen ein Los kaufen würde) und last but not least die rot-weiße Treibjagd Werbung eines Jubilars, der aus Ingolstadt gesteuert sein 25jähriges Firmenjubiläum omnipräsent, wie ein groß angelegtes multimediales Kesseltreiben mit Kampfpreisen feiert und eine blonde Rotzgöre uns auffordern lässt: „Los kaufen – marsch, marsch...“ Und dann behaupten die auch noch, wir seien nicht blöd, wenn wir dort kaufen...

Wo bleibt die intelligente, individuelle Ansprache?
Ja, da frage ich mich doch, wo bleibt denn da der Hauch von Verkaufskultur, Kauferlebnis und Stil?

Der BWL Blödian Bohlen als Ex-Lover der Suppen- und Telefonauskunft-Mutti Feldbusch will mir auch alles „billig besorgen“ – also so langsam wird´s einem übel...

Früher, als unselbstständiger Spitzenverdiener wollte man mich in Edelklamotten hüllen und in Konsumtempel locken – heute reicht es noch für eine billige Werbung im Briefkasten – Ausgeburten der systematischen Kundenwertanalyse oder gar Auswirkungen des Rasenmäher Sparwahns? So wie sie früher mit dem Schrotgewehr auf die zu bewerbende Masse ballerten (einen für den es passt werden wir schon treffen) oder gar nach dem amerikanischen Haubitzen System aus den jüngsten Sandkastenspielen (wenn wir schon nicht wissen wo der Gegner steht, ballern wir das dreifache und stellen statt 3 lieber 6 Kanonen auf – sicher ist sicher...)

Was sind das für Werbe- und Verkaufsprofis, die so einen Werbefeldzug als erfolgs- versprechend ansehen?
Sind sie Jäger oder selbst gejagte?
Besorgt uns Umsatz, egal zu welchen Kosten? Sind Imageverlust, Erlösschmälerung oder gar Unterkostendeckung auf einmal Fremdworte?

Denn Sie wissen nicht, was sie tun...
Immer stärker setzt sich bei mir die Wahrnehmung durch, dass die mich bewerbenden über mich nichts wissen oder zumindest das gewonnene Wissen falsch verwenden. Mein Portemonnaie ist gefüllt von 3 Tank-, 2 Kredit, einer Patienten-, einer Payback und Happy Digit Karte, der ADAC Clubkarte und einer verfallenen BahnCard – also einer Menge von Info rmationsquellen, wo ich mein Kaufverhalten und die Kaufstättennutzung klar transparent mache. Aber wird das clever und intelligent genutzt?

Menschen machen Märkte
Denn das Wissen dazu haben sie, sie haben die „Macht der Werbung“ und kennen theoretisch ihre Zielgruppen. In dieser idealen Werberwelt, die mir jedes mal aus One to One, W und V oder Horizont entgegen lächelt, gibt es mich als differenten, ja sogar anspruchvollen Kunden manchmal gar nicht mehr. Dabei wollen Menschen nur gemocht werden. Dabei bin ich wie Millionen anderer im Rahmen meiner Möglichkeiten:
Konsumwillig und konsumfreudig (fragen Sie mal meine Frau!). Ich investiere in unsere VWL das es nur so wackelt – aber ein Kunde fängt halt nicht die Defizite tausender Verunsicherter auf.

Wie so oft: Der Ton macht die Musik!
Ich bin – wie so viele andere auch „einfach gestrickt“. Eigentlich möchte ich nur ernst genommen werden, mit den richtigen Info rmationen versorgt werden – die tief in uns liegende Sehnsucht geliebt zu werden – ich denke, das ist meine größte Triebfeder als Kunde.

Wer mein Geld will, muss mir zeigen, dass er mich mag
Ich zahle als Privatpatient für jede ärztliche Leistung mehr und werde nicht besser behandelt – ich bin seit 20 Jahren ADAC Mitglied und hab nichts davon – ich sammelte Miles + More Punkte, wie ein Besessener, nur um mich dann von einer schlecht geschulten Call Center Mitarbeiterin abfertigen zu lassen, dass ich erst mal einen Login für die Webseite brauche.

Meine Prämien seien eh vergriffen und als Kirsche auf der Sahne meiner Begeisterung kommt dann die Aussage, dass das Ticket, was ich sonst wollte mir sowieso keine Platzgarantie auf dem Flug gäbe.... – ....ade zweite Flitterwochen... - ja, so sind die Menschen: Auf der Jagd nach dem Kunden – jeder will ihn haben, abkassieren aber dann schnell vergessen – bloß keinen Ärger haben ...

Also von diversen Clubs und Karten bin ich kuriert. Aber da war doch noch was...

Kunden sind wie kleine Hunde...
Kunden sind wie kleine Hunde, erst will sie jeder haben und streitet sich darum – aber dann will keiner mit ihnen Gassi gehen...

Eigentlich schade: Dabei macht Bewegung, die einem der Hund bei Wind und Wetter verschafft, doch auch irgendwo Freude, man bleibt gesund und hat einen treuen Freund zum kuscheln.

Der Appell an die Werte, den Prof. Peter Winkelmann in seinen vielen Vorträgen an die Zuhörer richtet, traf mich da wie der Blitz: Der Mann hat wirklich Recht . Die einfachen Dinge sind die Erfolgsgaranten – die ehrlich gemeinten Werbeaussagen, die emotionalen Treiber und authentischen Punkte in der Ansprache der Weg zu meinem Herzen und meinem Geldbeutel.

Zeig mir dass du mich als Kunde magst und schätzt, mit mir und meinem Geld wachsen und gedeihen willst.
Das ist eine ehrliche Basis. Da kann dann ein kundenbezogenes Denken und Handeln sowie das intelligente Verwerten von Daten helfen. Und das nenne ich dann CRM!

Aber: Keine Expertenkolumne ohne Blick in die Kristallkugel
Neben all den privaten Gedanken, die ich bisher mit Ihnen teilte, mag ich mich aber auch nicht so recht verstecken mit meinen persönlichen Aussichten zum Marktgeschehen. Schließlich wird das von einem Publizisten, Journalisten und Analysten irgendwo erwartet – und Erwartungen mag ich nicht gerne enttäuschen.

Daher an dieser Stelle auch der mutige Blick nach vorne - 10 generelle Trends werden das CRM Geschehen in unserem Markt prägen – erfreulicherweise sind das Meinungsbilder, die mit anderen Experten diskutiert und verifiziert wurden. Verfolgen Sie also im Laufe der Monate ob unsere Voraussagen zutreffen werden:

„Mit einer Handvoll Trends zu absolut noch mehr Rentabilität!“

Trend 1:
CRM wirkt nach innen

  • Im Dialog stehen wir nicht nur mit unseren Kunden, sondern auch mit unseren Mitarbeitern
  • Je schneller der Markt und der Wettbewerb sich bewegen, umso schneller müssen die Mitarbeiter in allen Funktionen und Standorten informiert werden.
  • Erfolgreiche Strategien und deren Umsetzung basieren auf einer interaktiven Führung und effizientem Einsatz von Menschen und Wissen.

CRM (Kundenbindung) follows ERM (Mitarbeiterbindung)

Trend 2:
CRM verändert die Organisation

  • Vertrieb/Marketing verschmelzen mit Einkauf/Produktion und starre, an Funktionen ausgerichtete Strukturen werden aufgelöst.
  • Neue, am Kunden orientierte Prozesse setzen enorme Potenziale frei.

Kundenmanagement ersetzt Funktionsmanagement!

Trend 3:
CRM greifbar machen:

  • Es geht nicht mehr um den Aufbau von Technologien und Infrastruktur, sondern um effizientes Kundenmanagement an sich. Der Markt wird sich stärker mit praktischen Fragen beschäftigen im Sinne von erprobten Maßnahmen, best practices, Ratgebern und Empfehlungen.
  • Vergleichende Softwarebetrachtungen sollten weiter umgesetzt werden, aber im Rahmen von weitergehenden Specials oder als Vorbereitung zu einem Softwarezertifikat. Der Focus liegt auf der Erkenntnis, dass die Software nur ein Hilfsmittel ist, aber nicht das „Kerngeschäft“.

Praktische Anleitungen zu diesen Themen entwickeln und verbreiten sind Herausforderungen.
     Antworten finden Sie kompakt und konzentriert auf der CRM-expo in Köln.

Trend 4:
CRM verändert den Kundendialog - Kundendialogmanagement

  • Die Kundenkommunikation wird in Intensität, Art und Form strategisch ausgerichtet werden. Es findet ein selektives Info rmieren nach Zielgruppen und Wert des Kunden statt – nicht total neu, aber wichtig im Spannungsfeld Kundenwert und kundenorietierter Dialog nach – und das ist das Neue – dem Kundenwunsch.
  • CRM erhält mit Customer Relationship Communication und dem Customer Dialog Management intensiv auf den Neukunden- und Kundendialog ausgerichtete Teilbereiche

Dialogorientiertes Optimum für den Kunden: Zwischen One to One, Realtime Marketing und
     Kundenwert

Trend 5:
Reduktion der Kommunikationsgeschwindigkeit (Entschleunigung)

  • Durch das Internet und das E-Mail ist die Kommunikation global und rasend schnell geworden. Doch je mehr man E-Mails nutzt bzw. erhält, umso langsamer und unpräziser wird die Kommunikation. Es werden nur noch kurze, teilweise unvollständige Sätze geschrieben.

Retro-Trend telefonieren bzw. in Zukunft Bildtelefon bzw. Videokonferenz

Trend 6:
CRM verändert die Sortimentssteuerung

  • Nicht nur die Kundenstrukturen bei „Aldi“ oder „Lidl“ haben sich geändert – und hier wurde prompt mit Sortimentsänderungen reagiert. Lidl hat sich konsequent an seinen neuen Käufern ausgerichtet und u.a. mit einem erhöhten Anteil an Markenprodukten 12 % Umsatzwachstum hingelegt.
  • Mit den Kundendaten werden die unterschiedlichen Kundenstrukturen und Kaufverhaltensweisen sichtbar. Damit erkennt man Sortimentsbedürfnisse für das Kundensegment. Die Sortimente lassen sich dann nach Frequenz, Cross-Selling-Potenzial und Kundewert einfach und vor allem rentabler steuern.

Category Management wird zu einer wichtigen Säule innerhalb des CRM!

Trend 7:
Kundenwert und Kundenprofitabilität

  • CRM by Aschenputtel: Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen.
  • Intelligente Balance von Kosten- und Kundenorientierung.
  • Herausforderungen und Fragen sind Aktions-gesteuertes Up-Selling bei Inbound-Aktivitäten, Kundenrückgewinnung und Kundenbindung.

So viel Analytik wie nötig, aber so wenig wie möglich. Der Focus liegt auf dem was gebraucht wird
     um Marketing, Vertrieb, Service und Management zu unterstützen.

Trend 8:
Business Prozesse werden “outgesourct”

  • Das Auslagern von kompletten Prozessen wird die Dienstleister-Branche stark beflügeln.
  • Die Agenturen erhalten neue Aufgaben in der kundenorientierten Kommunikation für Ihre direkten Kunden
  • Es findet ein Zusammenwachsen von Call-Center-Dienstleistern und CRM-Dienstleistern statt.

Neue Optimierungsansätze für Marketing und generelle Business Prozesse: Make or buy?

Trend 9:
Testbudgets innovativ nutzen

  • In schwierigen Zeiten sinkt die Risikobereitschaft und Firmen stellen weniger Geld für Projekte bereit. Deshalb werden Innovationen, vor allem im Mittelstand immer seltener (siehe Mittelstandsreport der KfW).
  • Gezielter Einsatz eines Testbudgets (zur Forschung und Entwicklung) von Innovationen im CRM.
  • Mit Testbudgets sammelt man für kleines Geld Erfahrungen. Sobald der Markt anspringt, ist die Firma in der Lage mitzuziehen.

Die Zukunft vorbereiten – agieren statt reagieren!

Trend 10:
CRM fokussiert den Mensch

  • Das Maß der Dinge und des Projekterfolges ist die Konzentration auf den Menschen und seine Nutzen- und Bedürfnisvorstellungen.
  • Die nutzenorientierte Kommunikation für alle Beteiligten steht im Mittelpunkt.

Konzentration auf das Ereignisfeld Mensch, Organisation und Technik mit Schwerpunkt Mensch.

Rosbach, im Juni 2004